Ich bin Flüchtling – Einbürgerungsbehörde verlangt Pass aus meinem Heimatland

Klärung der Identität bei der Einbürgerung

Warum die Behörde nach einem Pass fragt

Eine zwingende Voraussetzung für jede Einbürgerung ist, dass Ihre Identität und Ihre Staatsangehörigkeit geklärt sind. Die Behörden müssen also sicher wissen, wer Sie sind, wie Sie heißen, wann und wo Sie geboren wurden. Der einfachste Weg für diesen Nachweis ist in der Regel die Vorlage eines gültigen Nationalpasses aus Ihrem Heimatland.

Gilt das auch für Flüchtlinge?

Ja, grundsätzlich müssen auch anerkannte Flüchtlinge ihre Identität nachweisen. Die Anerkennung als Flüchtling befreit nicht generell von dieser Pflicht. Die Behörden verstehen aber, dass es für Schutzsuchende besondere Schwierigkeiten gibt.

Der Grundsatz der Zumutbarkeit

Für anerkannte Flüchtlinge gilt der besondere Grundsatz der Zumutbarkeit. Das bedeutet, die Behörde kann von Ihnen nur verlangen, solche Nachweise zu beschaffen, deren Beschaffung Ihnen auch zumutbar ist. Es ist für anerkannte Flüchtlinge unzumutbar, mit den Behörden des Staates in Kontakt zu treten, vor dem sie geflohen sind. Sie müssen also nicht bei der Botschaft Ihres Heimatlandes vorsprechen, um einen Pass zu beantragen, wenn Sie dadurch sich selbst oder Angehörige in Gefahr bringen würden.

Alternative Wege zum Nachweis der Identität

Wenn die Beschaffung eines Passes aus dem Heimatland unzumutbar ist, gibt es ein mehrstufiges System, um die Identität auf andere Weise nachzuweisen.

Das Stufenmodell zur Identitätsklärung

Die Rechtsprechung hat ein Stufenmodell entwickelt, das den Behörden vorgibt, wie sie in solchen Fällen vorgehen müssen. Die Behörde kann nicht einfach sagen, ohne Pass geht es nicht, sondern muss die nächsten Stufen der Prüfung mit Ihnen gemeinsam durchgehen.

Stufe 1: Amtliche Dokumente

Zuerst wird geprüft, ob Sie im Besitz von amtlichen Dokumenten aus Ihrem Heimatstaat sind. Dazu gehören neben einem Nationalpass zum Beispiel auch:

  • Geburtsurkunden
  • Taufbescheinigungen
  • Heiratsurkunden
  • Führerscheine
  • Meldebescheinigungen
  • Schulbescheinigungen

Dokumente mit einem Lichtbild haben dabei eine stärkere Aussagekraft.

Stufe 2: Sonstige Beweismittel

Wenn Sie keine solchen amtlichen Dokumente besitzen oder es Ihnen unzumutbar ist, diese zu beschaffen, müssen andere Beweismittel zugelassen werden. Die Behörde darf Ihren Antrag dann nicht einfach ablehnen. Zulässige sonstige Beweismittel sind zum Beispiel:

  • Nichtamtliche Urkunden oder Dokumente, die Ihre Angaben bestätigen können.
  • Zeugenaussagen von Personen, die Ihre Identität bestätigen können.

Stufe 3: Die Gesamtwürdigung Ihrer Angaben

Sollten auch auf der zweiten Stufe keine Beweise zu erbringen sein, weil es objektiv nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist, gibt es eine letzte Stufe. In diesem Fall kann Ihre Identität ausnahmsweise als nachgewiesen gelten, wenn Ihre eigenen Angaben schlüssig und glaubhaft sind. Die Behörde muss dann eine umfassende Gesamtwürdigung aller Umstände vornehmen und kann auf dieser Basis zu der Überzeugung gelangen, dass Ihre Identität feststeht.

Praktische Umsetzung und Beweiserleichterungen

Was bedeutet das für Sie in der Praxis?

Für Sie bedeutet das, dass Sie aktiv am Verfahren mitwirken müssen, aber nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren. Wenn die Behörde einen Pass fordert, sollten Sie Ihre Situation als anerkannter Flüchtling erklären und darlegen, warum es für Sie unzumutbar ist, diesen zu beschaffen. Gleichzeitig sollten Sie alle anderen Dokumente oder Beweismittel vorlegen, die Sie besitzen und die Ihre Identität belegen können.

Spezielle Regelungen in den Bundesländern

Einige Bundesländer haben für bestimmte Flüchtlingsgruppen, bei denen die Dokumentenbeschaffung bekanntermaßen sehr schwierig ist, spezielle Erlasse herausgegeben, die den Behörden den Umgang erleichtern.

Eidesstattliche Versicherungen von Verwandten

So ist es zum Beispiel in Hessen und Schleswig-Holstein für somalische Staatsangehörige möglich, die Identität durch eine eidesstattliche Versicherung von nahen Angehörigen nachzuweisen, deren eigene Identität bereits zweifelsfrei geklärt ist.

Ihre Rolle im Verfahren

Die Pflicht zur Mitwirkung

Auch wenn Sie keinen Pass vorlegen müssen, haben Sie eine Pflicht, am Verfahren mitzuwirken. Das bedeutet, Sie müssen alle Informationen und Dokumente, die Sie haben, der Behörde zur Verfügung stellen und bei der Aufklärung Ihrer Identität helfen. Sie sollten Ihre persönliche Geschichte und Ihre Daten so genau und widerspruchsfrei wie möglich darlegen.

Grenzen der Mitwirkungspflicht

Ihre Mitwirkungspflicht endet dort, wo es für Sie unzumutbar wird. Sie müssen keine Handlungen vornehmen, die Sie oder Ihre Familie gefährden könnten. Die Behörde ist verpflichtet, dies zu berücksichtigen.

Die Bedeutung des Flüchtlingspasses

Anerkannte Flüchtlinge erhalten in Deutschland oft einen Reiseausweis für Flüchtlinge, den sogenannten „blauen Pass“. Dieser Pass ermöglicht das Reisen, ist aber nicht immer ein voller Beweis für die Identität im Einbürgerungsverfahren. Das gilt besonders dann, wenn im Pass ein Vermerk steht, dass die Personalien auf Ihren eigenen Angaben beruhen. Ist ein solcher Vermerk nicht vorhanden, kann der Pass als widerlegbarer Nachweis dienen, dass Ihre Identität korrekt ist.

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